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Interview: Ökologische Nachhaltigkeit mit Design.
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Interview: Ökologische Nachhaltigkeit mit Design.

Melissa Fiebig lebt und arbeitet in Weimar als freischaffende Grafikdesignerin. Die 29-Jährige hat sich auf Print-Medien spezialisiert und legt dabei ein besonderes Augenmerk auf die Nachhaltigkeit ihrer Werke und layouteten Produkte. Im Fach Visuelle Kommunikation/Visuelle Kultur an der Bauhaus-Universität Weimar hat sie 2014 ihre Masterarbeit über nachhaltiges Print- und Webdesign geschrieben. Diese hat sie als Leitfaden und Handbuch für Gestalter zusammen mit der Druckerei Lokay veröffentlicht unter dem Titel: „Ausflug ins Grüne“. Die freie Journalistin Taalke Nieberding unserer Nachhaltigkeitsserie hat mit ihr über das Thema gesprochen.

 

Für Melissa Fiebig ist Nachhaltigkeit in der Gestaltung wichtig. ©privat

Wahrscheinlich muss man nicht erst bei der Auswahl des Papiers ansetzen, wenn man ein umweltfreundliches Druckerzeugnis plant?

Genau, der Entwicklungsprozess auch im Hinblick auf die Nachhaltigkeit sollte bereits bei der ersten Idee zum Printprodukt beginnen. So können gleich ökologische Aspekte die entscheidenden Gestaltungsmerkmale wie Typografie, Format, Farbgebung oder Drucktechnik beeinflussen. Die Wahl des Papiers und der Druckerei ist der finale Schritt in einem langen Prozess. Entstehen soll immer ein durchdachtes Produkt mit wertvollen Inhalten, denen auch die ästhetische Gestaltung gerecht wird.

 

Das Thema Ökologie liegt Ihnen am Herzen. Weshalb?

Ich versuche, auch im Alltag in einem gesunden Maß auf eine ökologische und nachhaltige Lebensweise zu achten. Irgendwann habe ich mich gefragt, wie ich diese Lebensweise auch in meinem Beruf als Designerin anwenden kann, um die Produkte, die ich gestalte und entwickle, ein stückweit nachhaltiger zu machen.

Wie sind Sie auf das Thema für Ihre Masterarbeit gestoßen?

Ich hatte in der Zeit, als ich auf der Suche nach einem Thema für meine Masterarbeit war, den Eindruck, dass nach dem Prinzip »Aus den Augen, aus dem Sinn« Printprodukte im Allgemeinen in ihrer ökologischen Bilanz schlechter dastehen als digitale Produkte und wollte auch dieser Frage in meiner Masterarbeit nachgehen.

Ein Blick in “Ausflug ins Grüne”. ©Melissa Fiebig

Wie gehen Sie vor, wenn Sie für einen Kunden beispielsweise eine nachhaltige Broschüre layouten?

Ich entscheide oft von Fall zu Fall, wo man an der Stellschraube der Nachhaltigkeit drehen kann. Jeder Kunde hat eigene Vorstellungen an sein Printprodukt, was trotz allem ökologischen Denkens auch berücksichtigt werden muss. Anders als bei meiner Masterarbeit, die gleich mehrere Faktoren der Nachhaltigkeit in der Gestaltung und Umsetzung vereint, kann man bei den meisten Projekten nur einige ausgewählte Aspekte für Nachhaltigkeit mit in den Prozess einfließen lassen. Einer der ersten Entscheidungsfaktoren ist der Inhalt und der Umfang. In Verbindung mit den inhaltlichen Anforderungen entscheide ich dann zusammen mit dem Kunden oder der Kundin, in welcher Farbe gedruckt werden soll: CMYK, einfarbig oder mit Sonderfarben. Einfarbig gedruckt Produkte sparen Ressourcen bei der Plattenbelichtung. Denn nur eine Offsetplatte muss belichtet werden – anstelle von vieren wie im Vierfarb-Offsetdruck CMYK.

Worauf kann in ökologischer Hinsicht noch geachtet werden?

Bei einer Broschüre ist auch die Bindung eine Stellschraube für ein nachhaltigeres Produkt. Beispielsweise gilt eine einfache Klammerhaftung als besonders ökologisch, da hier kein Kleber eingesetzt wird. Und die Heftklammer lässt sich beim Deinking-Prozess einfach herausfiltern. Auch das Format kann entscheidend sein, aber auch wo gedruckt wird – lokale Druckerei, Öko-Druckerei oder Online-Druckerei – und natürlich die Wahl eines zertifizierten Recycling- oder Naturpapiers und einer nachhaltigkeitszertifizierten Druckfarbe. Oft ist es ein Abwägen zwischen inhaltlichen Anforderungen, Gestaltung und Nachhaltigkeit, aber auch des Kostenfaktors.

Wo kann man in Sachen Format ökologisch ansetzen?

Die Wahl des Formates ist an den Auftrag gebunden. Ein Ansatz bei der Format-Wahl basiert auf der Größe des zur Verfügung stehenden Druckbogens – unter der Voraussetzung eines Offsetdrucks, bei hohen Auflagen – und dessen optimaler Ausnutzung. Das Ziel hierbei ist, möglichst wenig Verschnitt zu erzeugen. Ein anderer Ansatz ist es, auf Standard-Formate zurückzugreifen und damit die Möglichkeit zu nutzen, etwa bei einer Online-Druckerei zu drucken. Diese sind oft recht günstig, weil sich hier im Offsetdruck in der Regel mehrere Druckaufträge eine Druckplatte teilen. Das schont nicht nur den Geldbeutel des Kunden sondern auch Ressourcen.

Und wie kann man bei der Typografie Ressourcen sparen?

Es geht auch effektiver: platzsparende Typografie. ©Melissa Fiebig

Es ist möglich, mit einer platzsparenden Schrift den Umfang einer Broschüre zu verringern. Dabei ist jedoch immer zu beachten, dass die Schrift trotz ihrer platzsparenden Eigenschaften gut lesbar bleibt und zudem der Anwendung entsprechend ausgebaut ist – beispielsweise mit Glyphen anderer Sprachen, diakritischen Zeichen, Mediävalziffern und oder Kapitälchen. Zudem ist dabei auch zu prüfen, ob der Umfang um eine sinnvolle Seitenzahl verringert werden kann. Hat man beispielsweise eine Broschüre mit einer einfachen Rückstichheftung, ist es wichtig, dass die Seitenzahl durch vier teilbar bleibt.

 

Nachhaltigkeit sollte mehr an Bedeutung gewinnen, klar. Aber gibt es nicht auch Nachteile, wenn man nach ökologischen Gesichtspunkten grafisch gestaltet? Werden beispielsweise die Gestaltungsspielräume zu sehr beschnitten?

Im Grunde ist jedes Projekt durch bestimmte äußere Faktoren »beschnitten«, wie zum Beispiel die Zielgruppe, der Umfang des Inhalts aber auch die Kosten. Je nach Betrachtung können diese Kriterien aber auch sinnvolle Rahmenbedingungen sein, die das Produkt und die Gestaltung positiv bedingen. Entscheidend ist, was man daraus macht!

 

phototaalke
Taalke Nieberding arbeitet als freie Journalistin in Bonn. Nachhaltigkeit und Umweltschutz gehören zu ihren Schwerpunktthemen. www.taalke-nieberding.de ©privat

 

Das ist der letzte Teil unserer Serie.

 

 

Bisher erschienen:

Klimaneutrales Drucken: Einen Ausgleich für die Umwelt schaffen.
Ökologische Papiersorten.
Wie funktioniert eigentlich Recycling? Und was ist ein Deinkingverfahren?
Umweltfreundliche Farben.
Labels, Zertifizierungen und Siegel für umweltfreundliche Papiere.