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Typografie und Satz im Editorial Design.

viaprinto-Wisssen

Typografie und Satz im Editorial Design.

Der Schriftsatz ist Handwerk und Kunst zugleich. Man muss um die Wirkung einer Schrift wissen, um sie richtig einzusetzen. Doch Editorial Designer müssen noch viel mehr typografische Details berücksichtigen.

Wer ein Magazin oder eine Zeitschrift gestaltet, muss vieles können: das Setzprogramm beherrschen, die Regeln der Harmonie und Spannungserzeugung im Design kennen und die Interessen der Leserschaft berücksichtigen. Technik und Psychologie sind also gleichermaßen gefragt. Das gilt nicht nur für Satzspiegel, Bildplatzierung und Raster, es gilt auch für die Auswahl der passenden Schrift.

Darauf kommt es an

Die Schrift muss in gedruckten Publikationen immer gut zu lesen und Spaltenumbrüche klar zu erkennen sein. Wichtig ist, dass der Leser Anschlüsse schnell finden kann. Und doch unterscheidet sich der Satz einer Zeitschrift von dem eines Buches deutlich: Kann man im Buch Seite an Seite in der immer gleichen Schrift setzen, fordert der Leser auf Magazinseiten die Abwechslung, ein lebendiges Element, eine klare Abgrenzung der einzelnen Artikel voneinander und das daraus resultierende Spiel mit den Schriften. Das Zusammenspiel der Schriften in einer Zeitung oder einer Zeitschrift bzw. Magazin ist daher ein besonders wichtiges Element, um dem gedruckten Erzeugnis seinen ganz eigenen Charakter zu geben.

Schrift hat Charakter

©PixabayStockSnap_magazine_2559842

Jede Schrift hat ihren eigenen Charakter, weckt unterschiedliche Assoziationen beim Leser. Runde, gebogene Schriften wirken weicher und harmonischer, als beispielsweise eine kantige Schrift. Woran denken Sie bei einer Fraktur? Sicherlich an die Zeit um 1930. Eine Frutiger hingegen wird als modern, wenn auch schon ein wenig angestaubt empfunden. Bei der Wahl der passenden Schrift sollte man also unbedingt auf deren Konnotation achten – auf ihre unterbewusste Wirkung. Das gleiche gilt für die Wahl zwischen einer serifenlosen und einer Serifenschrift. Serifen wirken ernst, seriös und eignen sich gut für längere Textpassagen. Serifenlose Schriften dagegen stehen für kürzere Texte, erscheinen modern und jung. Das alles ist zu bedenken, wenn man sich für einen Font für ein Magazin oder eine Zeitung entscheidet. Die oberste Priorität bei der Schriftwahl sollte aber immer darauf liegen, ob die Fonts gut lesbar sind und ob sie zum Charakter des Magazins passen. So entsteht ein einheitliches, zum Druckprodukt passendes Gesamtbild, das Wiedererkennungswert besitzt.

Die richtige Wahl

Bei der Wahl der passenden Schrift sind darüber hinaus weitere wichtige typografische Fragen zu beantworten: Sollte man mehr als eine Schrift einsetzen? Wie viele sind zu viel? Und wie setzt man welche Schrift wo ein? Um es vorweg zu nehmen: Dazu gibt es keine klaren Regeln, sondern lediglich Empfehlungen. Ebenso wenig wie für die richtigen Schriftgrößen, die zur Spaltenbreite passend gewählt werden sollten. Hier beginnt die Kunst, die ein Editorial Designer beherrschen muss: das Hineinfühlen in die Zielgruppe, die Kenntnis über das genutzte Papier und die Inhalte des Magazins. Ist die Zielgruppe jung, die Inhalte emotional und das Papier glatt, kann eine kleinere, feine Schrift gewählt werden. Das Spiel mit den Schriftschnitten und unterschiedlichen Fonts ist bei der jungen Leserschaft geradezu ein „must have“. Hier kann man mit groß und klein gesetzten Überschriften spielen oder auch im Fließtext Außergewöhnliches wagen, wie eine weiße mit schwarzen Balken hinterlegte Schrift. Saugt das Papier aber viel Farbe auf, sind die Leser älterer Generation oder die Inhalte eher sachlich, sind die Schriften klar, prägnant und markant zu wählen. Sie müssen zum Charakter des Magazins passen, dürfen nicht im saugenden Papier „zusammenlaufen“ oder durch Schnörkel den Lesefluss unterbrechen.

Verbindungen schaffen

©PixabayStockSnap_magazine-2569338

Das Ziel des Editorial Designers ist immer ein geschlossenes Schriftbild, das dabei aber noch Gestaltungsspielraum lässt. Überschriften und Text sollten dazu eine optische Verbindung eingehen, sich aufeinander nicht zuletzt typografisch beziehen – außer man möchte bewusst durch einen Bruch die Aufmerksamkeit erwecken. Bietet die ausgewählte Schrift dazu nicht genügend Schnitte, sollten maximal drei unterschiedliche Schriften eingesetzt werden für Überschrift, Fließtext und Vorspänne bzw. Bildunterschriften. Aber Achtung: Bildunterschriften müssen sich unbedingt vom Fließtext unterscheiden – sei es auch nur durch die Größe. Viele entscheiden sich dafür, die Bildunterschriften kursiv zu setzen, doch das schmälert ihre Lesbarkeit. Oft wird auch ein Condensed-Schnitt als vierter Font für Infokästen oder andere Informationen wie hervorgehobene Zitate eingesetzt.

Unterteilungen bewusst einsetzen

Durch die verschiedenen Schriftschnitte schafft man Unterteilungen. Die Leser haben gelernt, dass eine Überschrift groß und eine Bildunterschrift eher klein ist. Sie lesen gerne zuerst die Überschriften, schauen sich dann Bilder und typografische Hervorhebungen wie Zitate an. Der Editorial Designer kann den Leser mit diesem Wissen bewusst leiten und beispielsweise durch Initialen den Anfang eines neuen Textabschnitts markieren. Das aus dem Buchdruck stammende Initial gibt Orientierung, aber vermeiden Sie dabei die Buchstaben I, J, Q, Y ebenso wie Anführungszeichen. Sie sind als Initial nicht klar zu erkennen. Für eine noch deutlichere Unterteilung werden auch gerne Linien eingesetzt, die sich farblich vom Text unterscheiden. Doch hier gilt ebenfalls: Weniger ist mehr.

Den Lesefluss am Laufen halten

Denn bei einem Zuviel an Unterbrechungen, etwa durch Trennungen oder Einschübe, wird der Lesefluss zu stark unterbrochen. Die Geduld der Leser aber ist dank neuer Lesegewohnheiten durch Internet und Co. eher gering. Deshalb sollten Unterteilungen zwar genutzt werden, das aber in Maßen. Gleiches gilt für die Wahl des Satzbildes: Ob Flattersatz oder Blocksatz hängt von der Leserschaft ab. Ein Flattersatz lässt schnelles, aktives Lesen zu, wirkt aber auch unruhig und unbeständig. Blocksatz dagegen sieht harmonischer aus, behindert aber eventuell durch unterschiedliche Wortabstände den Lesefluss. Hier gilt es also abzuwägen, welchen Charakter das Schriftbild haben soll und ob es zum Magazin oder der Zeitung passt.

 

Ein Tipp: Wer sich bei all dem unsicher ist, sollte einfach mehrere Varianten ausprobieren, diese im Original-Satzspiegel ausdrucken und vergleichen. Denn gedruckt wirken die gesetzten Seiten nochmal anders, als auf dem Bildschirm.

 

Charlotte Erdmann (Bild: Matthias Martin)
Für die Wissensreihe konnten wir die Autorin Charlotte Erdmann gewinnen. Sie hat bereits einige andere Reihen für unseren Blog verfasst. (Bild: Matthias Martin)

Weitere Do’s und Dont’s rund um das Editorial Design werden im letzten Teil dieser Serie erläutert, in dem wir Ihnen „Die 10 wichtigsten Tipps für Editorial Design“ nennen.

 

Bisher in dieser Reihe erschienen:

Die Kunst des Editorial Design – Eine Begriffsklärung.
Die unterschiedlichen Formen des Editorial Design.
Die Unterschiede zwischen den Medien – Online und Print.
Wichtige Faktoren für das Editorial Design.
Newsletter richtig gestalten.
Das richtige Design für White Paper und andere „kleine“ Formate.
Magazine und Co: Die Gestaltung eines verkaufsstarken Print-Covers.
Editorial Design: Die richtige Bildauswahl und -platzierung.